Auszeit Deutschland

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[ Gastbeitrag mit unbezahlter Werbung ]


Für eine Auszeit vom Alltag muss es nicht immer die Fernreise sein. Um den Kopf frei zu kriegen und neue Energie zu tanken, um naturnahe Abenteuer zu erleben und zu entschleunigen, eignen sich auch zahlreiche paradiesische Flecken in Deutschland bestens – zwischen Hiddensee und Höllentalklamm, Eifel und Zittauer Gebirge warten spektakuläre Landschaften.


Gastautorin Alexandra Schlüter war über ein Jahr unterwegs, um in 60 Touren die schönsten Seiten unserer Heimat zu entdecken. Dabei zeigt sie die Vielseitigkeit der Natur, die sich direkt vor unserer Haustür erleben lässt. Sie ist mit dem Fahrrad, zu Fuß, auf dem Rücken eines Pferdes oder im Kanu unterwegs. In 1 bis 4-Tagestrips zwischen den Meeren im Norden und den Bergen im Süden nimmt die Autorin mit durch weite Landschaften. Sie radelt an Flüssen wie Altmühl und Havel entlang, wandert durch Fichtelgebirge und Hunsrück, durch Moore, Heide und Wälder. Dabei entdeckt sie Gegenden fernab der üblichen Ziele. Egal ob auf einer Hallig oder im Erzgebirge zeigt sie vor allem eins: wie man fantastische Mikroabenteuer mit wenig Aufwand und großem Erholungswert auch in Deutschland genießen kann - und damit gleich noch die Umwelt schont.

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Auszeit-Tipp für den Frühling

Eine ihrer beeindruckendsten Wanderungen erlebte Alexandra Schlüter im Südharz. Sie folgte der Bode durch den tiefsten Canyon Deutschlands außerhalb des Alpenraums. Ein Auszug aus ihrem Buch »Auszeit Deutschland«.

DIE BODE TOBT

Flusswanderung durch einen Canyon



Heute morgen war ich noch im verschneiten Torfhaus, jetzt wartet im Tal schon der Frühling mit seinen allerersten Boten. Ich starte meine Wanderung in Altenbrak, ein Fachwerkort wie aus einem Märchen der Brüder Grimm. Der Harzer-Hexen-Stieg führt hügelig aus dem Ort hinaus, Schafglocken läuten. Der Himmel zeigt sogar ein wenig Blau – Vitamin D, freue ich mich und recke mein Gesicht Richtung Sonne. Handschuhe und Mütze habe ich ganz unten im Rucksack verstaut. Ich habe Muskelkater vom vielen Bergaufwandern der letzten Tage und freue mich, dass es heute ebener bleibt. Denke ich zumindest am Anfang.


Für mich gibt es wenig Schöneres, als an einem Fluss entlangzugehen. Es ist die Strömung, die mich mitzieht. Das Lebendige, Fröhliche, manchmal auch ein bisschen Unheimliche. Die Bode fließt schnell, und nicht umsonst heißt sie in ihrem Oberlauf Kalte Bode. Später werde ich die Hand hineinhalten und feststellen: Ja, es ist die Sorte Wasser, die schon nach ein paar Sekunden schmerzt, wenn man sich hineinstellt. Stromschnellen tragen weiße Hauben, umgestürzte Baumstämme ragen ins Wasser, naturbelassen fließt die Bode in weiten Bögen. Ich gehe oberhalb des Ufers im Wald, der am Übergang vom Winter zum Frühling noch kahl ist. Der Weg ist daher hell.

Kantige klippen, Granit oder Schiefer?



Rechts tauchen bald die ersten Felsen auf, wir sind schließlich im Harz. Ein Geologe hätte seine Freude. Sogar ich sehe, dass an manchen Stellen verschiedene Gesteinsschichten aufeinandertreffen. Der Harz ist mit 30 Millionen Jahren ein relativ junges Gebirge, doch er hatte genug Zeit, sich zu verschieben, aufzufalten, wieder zu erodieren. Ich fasse die kantigen Klippen an. Ob das Granit ist oder Schiefer? Mit Gestein kenne ich mich nicht aus.

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Das Bodetal ist Naturschutzgebiet. Durch die Wälder streifen Mufflons und Wildkatzen, in den Felsen nisten Wanderfalken. Ich bin völlig gebannt von der Flusslandschaft. Nur die Bode und ich, so kommt es mir vor. Es gibt diese Tage, an denen man besonders aufnahmebereit für Natureindrücke ist, wo die Sinne geschärft sind und einem wahrscheinlich doch jede Menge entgeht. Zarte lila Tupfen kommen zwischen dem braunen Laub vom letzten Winter hervor: Märzveilchen, Leberblümchen, Lungenkraut.


Ich blicke die Felsen hoch und staune, wie die Bäume sich dort halten. Die anspruchsvollere Buche muss an den steinigen Hängen Platz machen für Bäume, die ihr gegenüber sonst oft den Kürzeren ziehen: Traubeneiche und Sommerlinde, Berg-Ahorn und Esche. An der Sonnenklippe steht eine Rotbuche, die ihre Äste waagrecht von sich streckt. So bietet sie dem Wind weniger Angriffsfläche, der im Winter durch das Tal fegt. Heute weht es kaum, ein schöner Platz für eine erste Rast mit Blick auf meine neue Flussfreundin.


In den Wäldern haben Hexen mit Bäumen Mikado gespielt, kreuz und quer die Stämme verstreut, vieles bleibt als Totholz liegen. Unterschlupf für Tausende von Käferarten, Wildbienen, Hornissen. Rotschwänzchen und Waldkäuze nisten darin. Ich klettere über die Stämme, hoffe, dass sie fest liegen, ducke mich unter ihnen durch, denn ich habe etwas unglaublich Schönes entdeckt: Unzählige Märzenbecher wachsen am Hang. Kleine weiße Blüten mit gelben Spitzen. Ich bücke mich, um sie aus der Nähe anzusehen, und ein Knoblauchgeruch steigt mir in die Nase. Gleich daneben steht ein frisches, grünes Bärlauchfeld. Aber wir sind im Naturschutzgebiet, gepflückt wird nichts.

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Wandern mit dem Fischreiher



Ein großer, grauer Vogel mit orangegelbem Schnabel, schwarzen Backenstreifen am weißen Kopf und schwarzen Federspitzen an den Flügeln schwebt mit wenigen Flügelschlägen den Fluss entlang. Mittlerweile wandere ich wieder am Hochufer, daher kann ich ihn im Flug gut sehen. Ich recherchiere später zu Hause: Es ist ein Fischreiher. Mit viel Glück, steht da, kann man ihn an der Bode beobachten.


Wir legen einen Teil des Weges gemeinsam zurück. Er fliegt vor und ist viel schneller als ich, er landet in den Wipfeln, und wenn ich mich nähere, startet er aufs Neue. Jedes Mal kann ich seine eleganten Flugbewegungen bewundern, und jedes Mal ist der scheue Vogel wieder weg, aber nur um die nächste Kurve. Einmal setzt er sich mitten im Fluss auf einen Baumstamm, der sich an einem Felsen festgehakt hat. Dort bleibt er eine Weile sitzen.


Nach Treseburg wird die Landschaft karger und felsiger. Ich komme zum Langen Hals, ein Felsvorsprung, den die Bode umfließt. Sie wird schmaler, nimmt Fahrt auf, hier wird das Tal zur Schlucht, der tiefste Canyon in Deutschland außerhalb des alpinen Raumes. Bis zu 250 Meter sind die Felswände hoch. Wildes Hexen-Riesen-Land, und unten tobt die Bode in ihrem Bett. Auf Felsstufen geht es weiter bergauf, der Weg ist mit einem Geländer gesichert. Von wegen heute ohne große Steigungen wandern! Unten kocht es im Bodekessel, in den ich immer wieder staunend blicke. Sie rauscht jetzt nicht mehr, sie donnert.

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Krone in den Fluten



Über die Teufelsbrücke geht es auf die andere Seite der Bode. Am linken Ufer ragt oben die Rosstrappe empor, am rechten der Hexentanzplatz, beides sagenumwobene Berge. Auf Letzterem feiern seit Urzeiten die Hexen Walpurgisnacht, Goethe hat sich von der Landschaft für die entsprechende Szene im »Faust« inspirieren lassen. Und der Rosstrappe verdankt die Bode ihren Namen. Der Sage nach stürzte von dort oben der wüste Königssohn Bodo samt Ross in den Fluss, als er versuchte, seiner flüchtigen Braut Brunhilde nachzusetzen. Ihr Pferd schaffte den Sprung über die Schlucht, nur ihre Krone fiel dabei in die Fluten, die Bodo bis heute in der Bode bewacht.


Von Thale aus führt ein Weg auf das Plateau der Rosstrappe. Auf den letzten Höhenmetern wird es windig, die Bäume quietschen und knarzen, Äste klopfen aneinander. Schließlich gelange ich über einen felsigen Pfad auf einen Vorsprung, etwa 280 Meter oberhalb der Schlucht. Mir verschlägt es die Sprache, es ist großartig. Der Blick reicht über das Bodetal. Wie ein Band zieht sich der Fluss zwischen den Felsen entlang, den ganzen Weg bin ich heute gewandert. Weiter Blick, weites Herz, so geht es mir immer, wenn ich oben in den Bergen stehe.

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Zur Autorin:

Alexandra Schlüter reiste immer gern und fern, bevorzugt dorthin, wo es weite, unberührte Landschaften gibt. Doch dann entdeckte sie das Reiseglück vor der eigenen Haustür und dass man für inspirierende Naturerlebnisse nicht unbedingt weit weg fahren muss. Am liebsten ist sie wandernd oder mit dem Fahrrad unterwegs, ihre Handykamera hat sie immer dabei. Die Autorin war Programmleiterin bei National Geographic Books und schrieb u.a. für die Süddeutsche Zeitung und GeoSaison. Sie veröffentlichte bereits vier Bücher, darunter einen Reiseführer über die Lüneburger Heide, wo sie mit ihrer Familie lebt und arbeitet. In ihrem neuesten Buch „Rad, Land, Fluss“ (Prestel Verlag) schreibt sie über ihren Lieblingsfluss: die Elbe. Die bekannte Buchbloggerin Karla Paul nannte das Buch „eine Offenbarung“.

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Auszeit Deutschland
Autorin: Alexandra Schlüter
Knesebeck Verlag
Klappenbroschur, 256 Seiten, ca. 200 Fotos
25 Euro




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Fotos: © Alexandra Schlüter | Autorinnenfoto: © Stefanie Ernst | Buchcover: © Shutterstock: Ioana Catalina E