Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

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Über mir blinzelt die Sonne durch die grauen Wolken. Mit einer Tasse tiefschwarzen Filterkaffee sitze ich an einem Sonntagmorgen Ende August vor dem hübsch rausgeputzten Bahnhofsgebäude in Rottenbach etwa 50 km südlich von Erfurt. Was vor einigen Jahren noch leer stand ist mittlerweile ein gut besuchter und beliebter BahnHofsladen. Er versorgt die Bewohner:innen von Rottenbach mit Lebensmitteln und Zugreisende mit Proviant für die Fahrt.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Heute ist auf dem Bahnhofsplatz eindeutig mehr los als üblich. An liebevoll arrangierten Ständen bieten regionale Produzenten ihre Erzeugnisse an. Als einer von 14 Veranstaltungsorten im Schwarzatal lädt der Bahnhof Rottenbach am »TAG DER SOMMERFRISCHE« mit einem ‘Langen Tisch der regionalen Produkte‘ dazu ein, das Schwarzatal zu erkunden. Seine Kultur, die umgebende Natur und - eben auch das kulinarische Angebot der Region kennenzulernen.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Während ich kaffeeschlürfend noch überlege, welche Orte ich unbedingt besuchen möchte, rücken von rechts thüringische Blechkuchenstückchen in mein Blickfeld. "Hast Du Lust auf selbstgemachten Kuchen?" fragt Kristin, die sich neben mich auf die Bank setzt. Kuchen mag ich! Gemeinsam kunterbunte Schnittchen kauend kommen wir ins Gespräch.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Kristin hat lange Zeit in Berlin gearbeitet. Vor einigen Jahren ist sie wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Hält sich gerne an Orten auf, wo man das Gras wachsen hört. Und unterstützt heute unter anderem die »SOMMERFRISCHE IM SCHWARZATAL« - ein Projekt mit dem Ziel einer nachhaltigen touristischen Aufwertung ländlicher Regionen.


SOMMERFRISCHE. Darüber möchte ich mehr wissen. Was man darunter genau versteht und warum sie im Schwarzatal wieder Einzug hält.


Ein Gastbeitrag von Kristin Behlert:



DIE RENAISSANCE DER SOMMERFRISCHE - EIN TAL ALS SEHNSUCHTSSORT

Abseits des Protokolls wandern

Man kann sagen, dass die Fürsten zuerst die Sommerfrische für sich beansprucht haben. Sie waren es, die als Gäste in das Schwarzatal im Thüringer Wald kamen, um abseits des höfischen Protokolls auf Schloss Schwarzburg Gäste zu empfangen. Dort konnte man in der unberührten Natur wandeln, barfuß in die wildflussartige Schwarza steigen und in die Ferne schauen.


In Auszügen aus einer Dokumentation von Dörthe Hagenguth erfährt man, dass damals die ersten Kunststraßen und Wanderwege angelegt worden. Mit dem Bau der Eisenbahn im 19. Jahrhundert kamen auch die bürgerlichen Sommerfrischler. In den kleinen Ortschaften änderte sich die Architektur. Prachtvolle Giebel, Veranden mit Aussicht und leichtgebaute Häuser mit Liegewiesen entstanden, aber auch kleine Hotels, Pensionen und Gästehäuser in lokaler Bauweise.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Erzählcafés, Ausstellungen und Musik in der Natur

Oft verbrachten die Gäste viele Monate im Tal, um der Hektik der Stadt zu entfliehen. Neben der Sommerfrische-Architektur entstanden so auch typische Unterhaltungsangebote. Wandern, Freibaden, Ausstellungen, Austausch und Musik in der Natur gehörten fest zur Sommerfrische.


Seit 2015 erinnert der jährlich stattfindende „Tag der Sommerfrische“ an diese Zeit und lockt Besucherinnen und Besucher an. Dank der Zukunftswerkstatt Schwarzatal und der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen ist die Sommerfrische wieder ein fester Bestandteil des Sommerlebens im Tal.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Lokale Persönlichkeiten und neue Visionäre

In 14 verschiedenen Ortschaften an über 20 verschiedenen Stationen kann man Geschichten hören, Ausstellungen besuchen, regionale Köstlichkeiten genießen oder der Musik lauschen. Organisiert wird der Tag von verschiedenen lokalen Persönlichkeiten. Menschen, die sich im Tal engagieren und in ihren Orten und im Tal die Gemeinschaft pflegen. Es ist ein fröhliches Zusammenkommen.


Es gibt Kaffee und Blechkuchen, meist von den sogenannten Backfrauen der Orte. Man staunt über die Historien, die berühmten Besucher und Besucherinnen und schaukelt leicht zur Musik, selbst dann, wenn der Regen sanft auf den Apfelbaum tröpfelt. Das Programm ist jedes Jahr facettenreich in wohlklingenden Thüringer Orten namens Lichtenhain, Katzhütte, Mellenbach-Glasbach, Döschnitz, Cursdorf, Böhlen, Meura, Rottenbach…

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Nachhaltig, demokratiebildend und gemeinwohlorientiert

Man muss dort gewesen sein, um zu verstehen, wie Sommerfrische ist und wie schön es sein kann, sich im verzaubernden Tal immer wieder zu treffen und ins Gespräch zu kommen. Außerdem ist es großartig zu sehen, dass im Tal neue Stadt-Land-Verbindungen entstehen und alte Sommerfrische Häuser zu neuen Impulsorten werden.


Da ist zum Beispiel das ehemalige Wohnhaus der Familie Böttner in Döschnitz. Einst Zufluchtsort, Jagdstube und Heimatmuseum entwickelt hier eine Gruppe junger Akteurinnen einen gemeinwohlorientierten Lern- und Produktionsort, der sich der Gemeinde öffnet und Impulse für das gesellschaftliche und demokratische Zusammenleben vor Ort befördern soll. Oder der Bahnhofsladen Rottenbach. Der lange leerstehende Bahnhof wurde liebevoll saniert und ist jetzt genossenschaftlicher Hofladen mit allerlei regionalen Köstlichkeiten und Produkten des täglichen Bedarfs.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Die IBA Thüringen brachte Innovation, bestärkte die, die sich bereits auf den Weg gemacht hatten. In den letzten sechs Jahren wurde mit der Sommerfrische etwas geschaffen, was nachklingt und bleibt. Der Tag der Sommerfrische hat in der Region seinen festen Platz gefunden und zieht mittlerweile über tausend Besucher und Besucherinnen an. Wer teilhaben will, kann sich also schon jetzt den vorletzten Sonntag im August im Kalender markieren. Denn auch 2022 werden wir Sommerfrische im Tal feiern.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Vielen Dank für den wunderbaren Beitrag, liebe Kristin - und wie schön, dass wir uns kennengelernt haben!



Epilog:

Von 14 Veranstaltungsorten habe ich leider nur fünfe geschafft. Neben dem Bahnhof in Rottenbach habe ich mir das ehemalige Waldsanatorium Schwarzeck angesehen, die beiden Sommerfrische Häuser »Haus Döschnitz« und »Haus Bräutigam« und einen wunderschönen Tag mit einer entspannten Kräuterwanderung in Oberweissbach beendet.


Was für ein Füllhorn an inspirierenden Geschichten von Menschen, die hier leben. Von Wiederbelebungsideen und Initiativen, die zusammenführen wollen. Morbide und heruntergekommene, aber erhaltenswerte Architektur. Erfrischende Flusslandschaften, die sich durchs dunkle Tal schlängeln, eingerahmt von hoch aufragenden und dicht bewaldeten Hängen. Weißte was, Schwarzatal? Ich komme nächstes Jahr wieder und schaue mir dann einfach den Rest an! Möchte sehr gerne wissen, wie die Geschichten weitererzählt werden.

Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort
Die Renaissance der Sommerfrische - Ein Tal als Sehnsuchtsort

Links & Tipps




OFFENLEGUNG: Alle Erwähnungen stammen aus persönlich von mir zusammengestellten Quellen, für die ich kein Geld erhalte. Es handelt sich NICHT um bezahlte Kooperationen. Weder der obenstehende Text noch der Gastbeitrag von Kristin Behlert enthalten Affiliate Links.

Bilder: © Thomas Müller | Bahnhof Rottenbach (Bild 1): © Dörthe Hagenguth | Wanderung Oberweissbach (letztes Bild): © hiersein