Johannes Neun, Meschede, Nordrhein-Westfalen

Johannes Neun

Kriecht morgens die Sonne durch die bunten, asymmetrischen Fenster, verwandelt sich das »Johannes Neun« in ein Kaleidoskop aus Licht. Immer wieder neu schweben leuchtende Streifen und flirrende Tupfer über die Böden und Wände – ein betörendes Farbenspiel von Azurblau bis Zinnoberrot. Von außen ahnt wohl kaum jemand, dass sich hinter den hohen Mauern der ehemaligen Johanneskirche im westfälischen Meschede heute ein Ferienloft verbirgt. Einst suchten Menschen hier die Nähe zu Gott, heute erleben designaffine und architekturbegeisterte Gäste ein einzigartiges Baudenkmal aus den 60er Jahren, dem es gelingt, seine Geschichte einfühlsam zu bewahren.

Wer, wenn nicht eine Architektin und ein Bauingenieur, könnten wissen, wie man eine Kirche neu denkt? Dass Sandra Glaidos und Reimund Köster zudem in der Nachbarschaft leben, war ein glücklicher Zufall. Ihre Idee: Das 2018 entwidmete Gotteshaus sachte in ein besonderes Ferienhaus zu verwandeln. Auch ein gelebter Gemeinschaftsraum für Einheimische und Gäste mit Yogaangebot, literarischen Lesungen und Kunstausstellungen soll hier entstehen. Während der umfassenden Planungs- und Sanierungsphase in Eigenregie wanderten zig Schrauben und Platten durch ihre Hände, fanden Orgel, Bänke und Glocken neue Entfaltungsstätten und die Gestaltungsideen des kreativen Duos nahrhaften Boden. Im Sommer 2025 schritten schließlich die ersten Übernachtungsgäste durch das doppelflügelige Kirchenportal.

Wie aber erhält man bei 240 Quadratmetern und elf Metern Deckenhöhe dieses außergewöhnliche Raumgefühl, ohne sich verloren zu fühlen? Wo früher Gläubige auf Bänken saßen, schlummern nun Reisende in gemütlichen Schlafkojen. Ein klug platzierter Holzkubus im Raum bietet Schlafplätze für sechs Gäste. Nebenan lodert an kalten Tagen das Feuer im Holzkamin, lockt das große blaue Sofa, sich mit dicken Socken unter eine weiche Decke zu kuscheln und die Stille zu genießen. Knallbunte Stühle kontrastieren zur tiefschwarzen Küche im ehemaligen Altarbereich – zu ernst soll es hier nicht werden. Die Sakristei wurde in ein barrierefreies Badezimmer mit Gäste-WC umgebaut. Und oben auf der Orgelempore kann man ungestört lesen, in Designbüchern blättern oder am Schreibtisch mit Blick auf die Buntglasfenster konzentriert arbeiten. Wie schön, dass die himmlische Ruhe im »Johannes Neun« den Alltag immer noch wohltuend auf Abstand hält.



hiersein-Themen

haus

  • Die 1964 geweihte Johanneskirche ist ein Baudenkmal. 2018 fand hier der letzte Gottesdienst statt – sinkende Mitgliederzahlen und veränderte Spiritualität machten den Weiterbetrieb für die evangelische Gemeinde in Meschede unmöglich
  • Aus einem anfänglichen »Wir können uns das ja mal anschauen« entstand bei Sandra und Reimund schnell der Wunsch, das ortsprägende Gebäude zu erhalten
  • Ihre Vision: Das Haus neu zu nutzen, etwas Eigenes zu schaffen und persönliche Erfahrungen einzubringen – mit dem Ziel, den Charakter des Kirchenraums zu bewahren und die Substanz zu schonen
  • Die Lösung war ein Haus-im-Haus: Ein Schlaf-Kubus in Holzständerwerk-Bauweise, der heute autark im Raum steht
  • Nach ökologischen Standards erfolgte die Sanierung mit unbehandeltem Holz, Holzfaserdämmung und schadstofffreien Farben – für ein wohngesundes Raumklima
  • Hut ab: Den Innenausbau stemmten Architektin und Bauingenieur neben ihren Hauptberufen komplett in Eigenregie
  • Regionalität & Recycling: Möbelstücke stammen aus der Ladeneinrichtung eines alten Handarbeitsgeschäfts im Ort – eigenhändig restauriert und in Eingangsbereich und Schlafzimmer platziert

natur

  • Neben der Holzfaserdämmung wurden die Buntglasfenster doppelt verglast und eine Luft-Wasser-Wärmepumpe installiert
  • Der Strom kommt von der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach; zusammen mit einer Gasbrennwertheizung entsteht ein hybrides System, das flexibel auf Ausfälle reagiert
  • Für Wärme sorgen Fußbodenheizung und Kaminofen
  • Eine Buchenhecke umrahmt das Grundstück, bietet Vögeln Schutz und Rückzug; im kleinen Staudengarten finden Insekten Nahrung
  • Ein Teil der Rasenfläche bleibt ungemäht – ein Beitrag zur Artenvielfalt; zur Gartenpflege wird Regenwasser genutzt
  • Für Mülltrennung stehen separate Behälter bereit
  • Gebrauchsartikel wie Spülmittel, Duschlotion und Shampoo sind vorhanden und werden bei Bedarf nachgefüllt
  • Gereinigt wird mit ökologischen Putz- und Waschmitteln; der Holzboden wird mit Holzseife gepflegt

mensch

  • Das Ferienloft ist barrierearm (Badezimmer) bis barrierefrei (Kirchenraum & Terrasse)
  • Die von Sandra geplante Küche hat eine abgesenkte Theke, an der auch Rollstuhlfahrer:innen bequem mitkochen können
  • Sandra und Reimund wünschen sich, dass die ehemalige Kirche nicht nur Ferienort, sondern auch Begegnungsort ist: für Yogakurse, Kochseminare, Lesungen oder Kunstausstellungen – organisiert von lokalen Anbieter:innen mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Gemeinschaft


und sonst so?

  • Ob mit Freund:innen oder mit der Familie, bis zu sechs Gäste finden im »Johannes Neun« ausreichend Rückzugsmöglichkeiten, sei es auf dem großzügigen Canapé vor dem Kamin, der offenen Küche mit Essbereich oder dem gemütlichen Loungebereich auf der Galerie
  • Im Schlafkubus sind insgesamt vier separate Schlafräume untergebracht: zwei Schlafzimmer (eines mit Doppelbett, eines mit zwei Einzelbetten) lassen sich per Schiebetür schließen, zwei separate Kojen mit Vorhängen
  • Der Mindestaufenthalt beträgt zwei Nächte, die An- und Abreise ist jederzeit, außer samstags möglich
  • Haustiere können leider nicht mitgebracht werden
  • Die Endreinigungspauschale von 100,- Euro pro Aufenthalt beinhaltet frische Leinenbettwäsche (herrlich!), Hand- & Geschirrtücher
  • Der Übernachtungspreis gilt für zwei Personen; ab dem dritten Gast zahlen Erwachsene 30,- Euro/Nacht, für Kinder bis 14 Jahre fallen 15,- Euro/Nacht an
  • Für Familien mit Minis stehen ein Babybett und zwei Hochstühle bereit; die Empore ist über eine Wendeltreppe erreichbar und daher für Kleinkinder nur bedingt geeignet - kann aber durch ein Türschutzgitter abgesichert werden
  • Im Sommer lässt es sich auf einer sichtgeschützten Liegewiese im Garten und auf dem Sonnenholzdeck wunderbar entspannen
  • In 20 Minuten seid ihr zu Fuß in der Innenstadt; dienstags und freitags ist Wochenmarkt; weitere Einkaufsmöglichkeiten gibt es schon in zehn Gehminuten
  • In Sachen Natur hat Meschede im Hochsauerland einiges zu bieten: Der Ort liegt mittig zwischen dem Arnsberger Wald im Norden und Deutschlands größtem Naturpark, dem Naturpark »Sauerland Rothaargebirge« im Süden – eine spannende Region, die Natur, Kultur & Industriegeschichte verbindet
  • Richtung Süden kommt ihr in den Hennepark, er verkürzt auf halber Strecke den Weg zum Hennesee
  • Am See könnt ihr durch den Wald am Ufer entlangspazieren, im Sommer ausgiebig sonnenbaden, schwimmen, paddeln oder euch bei einer Bootsfahrt gemächlich übers Wasser schippern lassen
  • Wer lieber auf zwei Rädern unterwegs ist, begibt sich ab Bahnhof auf die 40 km lange Hennesee-Schleife - oder radelt auf dem Sauerland-Radring entlang (mitgebrachte Bikes finden im Vorraum einen sicheren Platz)
  • Da eure Gastgeber im Ort leben, erhaltet ihr Einheimischen-Tipps selbstverständlich frei Haus



Fotos: © Katrin Kaiser