ZeitRaum10, Leipzig, Sachsen

ZeitRaum10

Schon eine amüsante Vorstellung: Wie ein tiefschwarz gekleideter Gast mit kunstvollem Kajalstrich und Plateaustiefeln in der Hand, strumpfsockig, ja fast geräuschlos die alte, knarzende Eichentreppe des Mehrfamilienhauses hinuntertapst und dem verdutzten Gegenüber bemüht leise eine gute Nacht wünscht. Einmal im Jahr findet in Leipzig neben der bekannten Buchmesse, an jedem Pfingstwochenende das weltweit größte Festival der Schwarzen Szene statt, das Wave-Gotik-Treffen. An beiden Terminen seien sie schon auf Jahre hin ausgebucht, verrät Anna, kunst- und literaturversierte Gastgeberin fünf schlicht-stilvoller Apartments in Innenstadtnähe. Die Bandbreite ihrer Gäste im »ZeitRaum10« sei so vielfältig wie der teils noch unentdeckte Leipziger Osten.

Es sind die Begegnungen wie oben genannte, die kleinen Geschichten, die ihre Arbeit so besonders machen. »Ein Haus mit Geschichte«, wie oft und leichtfertig das dahingesagt wird. Doch als Gast in der Beletage des denkmalgeschützten Gründerzeithauses von 1905 dotzt man immer wieder an Dinge, die etwas zu erzählen haben. Annas eigene Geschichte verbindet sich im Jahr 2013 mit dem Haus, als sie ihre Familie zum Kauf des vernachlässigten Architekturschmuckstücks überredet, um das prächtige Gebäude mit der dunkelroten, bröckelnden Fassade gemeinschaftlich wieder aufzupäppeln. Mit gesunder Anfangsnaivität und einer dicken Scheibe Enthusiasmus krempelt die Familie das Haus einmal komplett um und rettet dabei sogar mehr historische Details als nach Denkmalschutzvorgaben erforderlich. Ein wahrhaftig schweißtreibendes, gleichwohl generationsübergreifendes Projekt, bei dem auch Annas damals fast 90-jährige Oma hilft, alte Türbeschläge vom Schmutz eines vergangenen Jahrhunderts zu befreien.

Vor der Eröffnung der »ZeitRaum10« Apartments im März 2015 verbringt Anna beinah jedes Wochenende auf Flohmärkten. Sorgsam ausgewählte Fundstücke und Sammlerteile platziert sie liebevoll aufgearbeitet in den stuckverzierten Wohnungen. Hohe Decken und weite Flügeltüren lassen reichlich Licht ins Innere, am Abend wirft das letzte Sonnenlicht flirrende Schattenmuster auf pastellfarbene Wände und weiß gemangelte Bettwäsche. Kein zu viel und kein zu wenig. Mal erwartet den Gast ein schmucker Jugendstil-Kachelofen, erstrahlt eine freigelegte Wand in 100 Jahre altem Meeresjungfrauengrünblau, zieht der Duft von Blümchen aus dem Hinterhofgarten durch Räume, die wohltuende Ruhe ausstrahlen. Die Lounge ist ein Raum für alle. Mit großem Tisch für ein Abendbrot mit Nachbarn, buchvernarrten, Kajal geschmückten, neugierigen Menschen, die nach einer besonderen Hotelalternative suchen, in einem Viertel, das seinen rauen Leipziger Großstadtcharme hoffentlich noch ein Weilchen bewahrt.



hiersein-Themen

haus

  • Was für ein Glücksfund! Ein prächtiges, viergeschossiges Gründerzeithaus aus dem Jahr 1905 mit gut erhaltener historischer Substanz
  • Für Annas Familie stand von Anfang an fest: so viel wie möglich davon retten, vorwiegend ökologische Materialien, wie mineralische Putze und Farben verwenden und weitestgehend selbst um die Sanierung kümmern
  • Wo erforderlich organisieren die Eltern, beide Architekten, die zuarbeitenden Gewerke aus der Region, während Anna die Bauleitung übernimmt (und dabei auch noch ihren zukünftigen Partner kennenlernt…)
  • In den Jahren 2013 bis 2014 wird restauriert, repariert, gesäubert, von unzähligen Schichten befreit: ein wunderhübsches Art-Deco-Treppengeländer, originale Treppenhausfenster, Kastenfenster und Türen im Jugendstil, historische Kachelöfen
  • Und Überraschendes entdeckt: aufwendige Stuckarbeiten, historische Farben, Bordüren und Wandmalereien, alte Pitchpine Dielen und Eichenparkett
  • Die Flohmarktfunde wie Stühle, Tische, Schränkchen und Spiegel werden von der Gastgeberin eigenhändig wieder aufgehübscht und finden Ehrenplätzchen in den fünf Apartments
  • Eine reduzierte Auswahl an alten Bildern aus Annas Familie und handgeschöpften Papierkunstwerken aus Jena schmückt die Wände

natur

  • Das lukrative Angebot, im Hinterhof eine Lagerhalle oder einen Parkplatz zu errichten, lehnt die Familie dankend ab: stattdessen legt Anna zusammen mit den Hausbewohner:innen einen Großstadtgarten mit vorwiegend einheimischen Pflanzen und Obstbäumen an, in dem sich Jahr für Jahr immer mehr Insekten und Vögel ansiedeln; gegossen wird vorrangig mit Regenwasser
  • Was für eine schöne Idee: Zur Einweihungsfeier des Hauses bringen Gäste statt Geschenke, Pflanzenableger aus ihren Gärten mit
  • Die »ZeitRraum10« Apartments werden zu 100% mit Öko-Strom versorgt und sind mit LED-/Sparleuchten ausgestattet, eine Lade-Station für E-Autos auf dem Hof ist in Planung
  • Die selbstgewaschenen Handtücher trocknen ohne zusätzlichen Energieaufwand möglichst an der frischen Luft, das Bettzeug wird von einer lokalen Wäscherei gereinigt
  • Statt kleinteilig verpackter Seifen stehen in allen Apartments wiederbefüllbare Seifenspender bereit, im Flur ein Korb mit der Aufschrift »Was vergessen?« zum Ausleihen von Shampoo, Duschgel, Zahnpasta, Deo, etc.
  • Als Betthupferl gibt es Papiertütchen mit Blumensamen aus Annas Garten

mensch

  • Der Mietpreis für die sieben Mietwohnungen, die sich neben den ZeitRäumen im viergeschossigen Haus befinden, liegt deutlich unter dem Leipziger Mietspiegel
  • Für ein langfristiges und gutes Arbeitsverhältnis liegt es Anna besonders am Herzen, dass ihre Mitarbeiterin Alina selbstbestimmt größtmögliche Flexibilität bei der Arbeitseinteilung erfährt
  • Die Gastgeberin unterstützt kulturelle Initiativen durch vergünstigte bzw. erlassene Übernachtungspreise in den ZeitRäumen
  • Aus den Einnahmen von »ZeitRaum10« fließt monatlich ein Teil in Spenden an die Kinderhilfe für Siebenbürgen e.V., Ärzte ohne Grenzen und Greenpeace


und sonst so?

  • Die fünf ZeitRäume befinden sich im ersten Obergeschoss, der Beletage
  • Vier der fünf Wohnungen sind zwischen 30 bis 38 Quadratmeter groß und eignen sich mit einem Schlafzimmer, Schlafcouch und integrierter Mini-Küche im Wohnbereich für zwei bis vier Gäste; die kleinste Wohnung »Flieder« befindet sich derzeit in der Dauervermietung
  • Wohnung »Taube« (55 qm) hat ein zusätzliches Schlafzimmer und ist ideal für Familien mit bis zu sechs Personen
  • Der Mindestaufenthaltsdauer liegt bei zwei Nächten; bei längeren Aufenthalten werden Rabatte gewährt
  • Zu Messezeiten, Feiertagen und in den Schulferien sind Preisänderungen möglich
  • Das Mitbringen von Hunden ist auf Anfrage für eine Tagespauschale von 20 Euro gestattet
  • Da es keinen Aufzug gibt, sind die Wohnungen leider nicht barrierefrei
  • Die Lounge mit eigener Küchenzeile steht allen Gästen zur freien Verfügung, kann aber auch exklusiv gemietet werden
  • Für lärmsensible Gäste empfiehlt sich ein Apartment mit Schlafzimmer zum Hinterhof, stadtbegeisterte Besucher:innen schätzen die Wohnungen mit Balkon, die reichlich Abendsonne abbekommen
  • Gut zu wissen: alle Schlafräume haben Verdunklungsvorhänge
  • Die »ZeitRaum10« Apartments liegen zentral und verkehrsgünstig: den Augustusplatz mit Oper und Gewandhaus erreicht ihr in nur zwei Kilometern, hier beginnt auch der historische Stadtkern
  • Der bis vor kurzem noch halbwegs unentdeckte Osten der Stadt ist inzwischen beliebt bei Studenten, zahlreiche Haus- und Kunstprojekte sowie kleine, nette Cafés erobern allmählich das Viertel
  • In unmittelbarer Umgebung findet ihr einen Supermarkt, mehrere Bäcker (bei Glowka wird noch selbst gebacken!), eine Drogerie, einen Bioladen, einen Biergarten und verschiedene Restaurants (Annas Empfehlung: Restaurant Mala - regional, saisonal, inhabergeführt, vegetarisch, vegan)
  • Tolle Empfehlungen für den City-Trip mit Kids findet ihr im Stadtschwärmer, der in der Unterkunft ausliegt: ein Reiseführer von jungen Leipzigern, die über ihre Heimat- und Herzensstadt schreiben